St. Annenkirche

Die Sankt Annen Kirche von 1717 - 1989

Mit dem Bau der ersten Befestigung in Völkershausen durch den Fuldaer Abt wurde sicher auch die erste Kapelle oder Kirche errichtet.

Spärlich sind die Urkunden und Informationen aus dieser Zeit. Erst seit dem 13. und 14. Jahrhundert sind genauere Angaben vorhanden. Seit dem sind uns die Burgherren, die zugleich auch Kirchenpatrone waren, lückenlos bekannt.

In einer Urkunde vom 19. März 1376 überträgt Graf Heinrich von Henneberg dem Pfarrer Dietrich Hesse oder Heyse die Pfarrei Völkershausen. Ab dieser Zeit wissen wir mit Gewissheit, dass es hier in Völkershausen eine Kirche gibt. Zum ersten Mal wird ein Geistlicher von Völkershausen mit Namen aufgeführt.

Auch eine Matrikel über die Einwohner sowie bestimmte Angaben über die Kirche sind noch vorhanden. (Urkunden in Staatsarchiv Weimar über das Gericht Völkershausen. Sie sind auf kleine Pergamentstreifen, z. T. verblichen, in lateinischer Sprache geschrieben). Nach dem Inhalt war die Heilige Anna Schutzpatronin der Kirche, denn für sie sollte jeden Dienstag eine Messe gelesen werden.

Eine weitere Nachricht über die Kirche vom Jahre 1506, also unter Mathias Fink, zeigt, dass Völkershausen noch zur Thüringer Diözese gezählt wurde.

Johann von Völkershausen und seine Ehefrau Johannetta machen für Vater, Mutter, Schwester, Vorfahren, Lutz von Linsingen und seine Frau Elisabeth sowie für das eigene Seelenheil am 11. Mai 1511 eine Stiftung an der heiligen Dreifaltigkeit geweihten Pfarrkirche zu Völkershausen; jährlich ist ein halber Gulden fällig, ablösbar mit zehn rheinischen Gulden.

Mit Georg Ruppel, Pfarrer zu Vacha, hielt die evangelische Lehre 1523 auch in unserer Gegend Einzug.

Zwei Jahre später, am Donnerstag nach Ostern, erscheinen die Bauern von Völkershausen im Schloss mit der Bitte, die evangelische Lehre einzuführen.

Erfolglos, denn unmittelbar darauf wurde Hans von Völkershausen durch das Bauernheer belagert.

Wenn in der Anstellung des Pfarrers Ludwig Landgraf von 1534-1554 eine Beziehung auf Evangelische oder Augsburgische Konfession noch nicht zu entnehmen ist, so wird über den Nachfolger Joh. Ranft 1554 ausdrücklich gesagt: …dass er uns, unseren armen Untertanen und allen denjenigen, die zu unserer christlichen Kirche gehören, mit Gottes Wort, evangelischer reine Lehrer gegenwärtig sein soll“.

Die Gebäude der Pfarrei werden in dieser Zeit als baufällig und wüst bezeichnet.

Nach Abgang von Pfarrer Ranft 1568 tritt für 20 Jahre Joh. Erassmus Raßmann das Amt an. Er ist derjenige, von welchem die ersten Rechnungen über Einnahmen und Ausgaben der Kirche vorhanden sind. Sie fangen bei 1579 an und laufen von da ab in fast ununterbrochener Reihe bis auf unsere Zeit fort.

Christian von Völkershausen (1560 – 1608) war vermählt mit Christine geb. von Schwerzel und zeugte mit derselben drei Söhne, Wilhelm Friedrich, Adolph Wilhelm und Georg Herobald und vier Töchter, Margarethe, Anna Dorothea, Christine und Klara. Er war nach dem in Stein gehauenen Bild, das früher außerhalb der Kirche stand, aber 1784 auf Befehl des Gerichtsherrn, Landgrafen Karl zu Hessen-Kassel, innerhalb der Kirche aufgestellt wurde, ein starker kräftiger Mann. Nach den schriftlichen Beweisen, die von ihm vorliegen, in hohem Grade rechtlich und bieder, von ruhiger und kalter Besonnenheit. Christian schickte seine Söhne, als die Zeit heran nahte, wo es mit Nutzen geschehen konnte, auf das Gymnasium nach Schleusingen. Sie studierten in Marburg. Wilhelm Friedrich war später Oberamtmann und Hofmeister zu Ilmenau. Die beiden jüngeren blieben in Völkershausen. Auch kirchliche Dinge entgingen seiner Aufmerksamkeit nicht. So verordnete er, dass gewisse Straf- und Bußgelder nach und nach gesammelt und zu Anschaffung nötiger Glocken zur Kirche benutzt werden sollen. Er schenkte der Kirchenkasse mit einem Male im Jahre 1585 dreißig Gulden, wodurch er ihren Kapitalbestand auf das Doppelte erhob. Er war von dem benachbarten Adel sehr geachtet, davon zeugen die noch vorhandenen Briefe, worin sie seinen Rat sich erbitten. Eine Anordnung, die sein jüngerer Sohn, Georg Herobald, nach seinem Tode vollzog, und zwei Glocken 1620 zu Erfurt gießen, und hierher bringen ließ. Als die Zeit seines Endes heran nahte, ließ er seine Söhne vor sein Bett kommen und gab ihnen noch mehrere gute Verhaltensregeln, ermahnte sie besonders zur Einigkeit und starb am 20. November 1608 in einem Alter von 65 Jahren.

Der Verstorbene ist in ganzer Figur in der Rüstung dargestellt. Der Streithammer oder der Kommandostab, welchen die linke Hand hielt, ist abgeschlagen. Die rechte Hand hält das Schwert. Am Boden steht der Helm. Der Ritter trägt einen Mühlsteinkragen, die Nase ist abgeschlagen, wahrscheinlich schon bei einer der Plünderungen im 30jährigen Kriege. Die Wappen an den vier Ecken sind: 1) v. Völkershausen (drei Hifthörner), 2) v. Fischborn oder Liederbach (ein halber Adler und zwei Querbalken), 3) v. Buchenau (ein Vogel), 4) v. d. Tann (Forelle). Die Inschrift am Rande lautet: Anno dom 1608 d. 20 9bris ist der gestrenge edle und veste Xian von und zu Völkershausen s. Alters 65 J. in Gott seliglich verschieden. Die Steinmetzarbeit hat handwerklichen Charakter. Der Stein war an der Westseite des Hauptraumes aufgestellt und durch Schranktüren vor weiteren Beschädigungen geschützt.

Von 1588 bis 1600 übernahm Joh. Isleb aus dem Amt Marburg den Dienst als Pfarrer in Völkershausen. Ihm folgte Pfarrer Valentin Ottwald. Er begann die Personenstandsbücher ab 1600, die seit dieser Zeit noch lückenlos vorhanden sind. Pfarrer Ottwald starb 1617 in Völkershausen.

Unter vielen Bewerbern erhielt Konrad Limburg, Diakonus in Tann, die Anstellung als Pfarrer. Er war der Sohn des Pfarrers Limburg zu Kreuzberg (heutiges Philippsthal).

Es war die traurigste Zeit, die man hier je erlebt hatte, die Zeit des 30jährigen Krieges.

Am 10. März 1638 forderte Georg von Neuhof, Zehntgraf von Schleid und Bevollmächtigter des Abtes zu Fulda, die drei Brüder von Völkershausen auf, zum katholischen Glauben zurückzukehren. Friedrich Mihm, geweihter Priester und Seelsorger wurde von ihm als künftiger Geistlicher bestimmt.

Wilhelm Friedrich von Völkershausen wies dieses Ansinnen nach 80jähriger Zugehörigkeit zur Augsburgischen Konfession zurück. Daraufhin ließen die Gegenreformatoren die Schlösser der Kirche einschlagen, läuteten die Glocken und rissen ein Stück des Altartuches als Zeichen der Besitzergreifung ab. Pfarrer Limburg wurde aus dem Pfarrhaus vertrieben und Mihm dort eingesetzt.

Friedrich Mihm hatte keine leichte Arbeit im neuen Amt, da Kirchenpatrone und Gemeinde gegen ihn waren.

Die Anwesenheit der Kroaten im Kirchspiel sollte den katholischen Glauben festigen, doch viel Unheil musste die Bevölkerung erleiden.

Junker Adolph Wilhelm von Völkershausen flüchtete mit dem Abendmahlskelch nach Salzungen. Er wurde von den Kroaten beraubt und starb an den Folgen des Überfalles.

Die Leiden der Menschen steigerten sich ins Unermessliche: Angst vor Verfolgung, Hungersnot und im Jahre 1635 die Pest. Letztere verringerte die Bevölkerung um mehr als ein Drittel.

Viele Eintragungen im Kirchenbuch zeugen von dem verheerenden Ausmaß.

Limburg, der getreu ausgehalten hatte, konnte zuletzt im Pfarrhaus keine Einnahmen mehr verzeichnen. Er sah sich genötigt, wieder nach Tann zu gehen, wo heute noch sein Grabstein zu sehen ist.

Die Söhne Martin und Herobald blieben in Völkershausen. Sie werden im Kirchenbuch noch des Öfteren genannt.

Endlich im Jahre 1644, kam wieder ein eigener Pfarrer, jedoch für Völkershausen und Mansbach zugleich. Es war Sigmund Willing. Mit ihm begann auch die Fortsetzung des Kirchenbuches wieder. Die Einnahmen für die Pfarrstelle waren jedoch so gering, dass kaum davon zu leben war, und er 1649 Völkershausen wieder verließ. Ihm folgte für 1669 – 1687 inne.

Die beiden Witwen, Magdalene und Juliane Eleonore, die zuletzt noch ihren Wohnsitz auf der bisherigen Gerichtsherrschaft in Völkershausen gehabt hatten, begaben sich 1706 nun ebenfalls weg, nachdem sie noch ein Stiftungskapitel von 250 Gulden der Kirche zu wohltätigen Zwecken zurück gelassen hatten. Landgraf Karl kam jetzt selbst nach Völkershausen und nahm verschiedene Einrichtungen daselbst vor. Er machte Anstalt zu einem neuen Kirchenbau, da die alte Kirche längst mit dem Einsturz drohte, die er selbst besichtigt und genau ausgemessen hatte. Er ließ sich das Modell der neuen nach Kassel bringen, und gab neben einem Geschenk an Geld, Holz und Steine forstfrei dazu.

Pfarrer Joh. Hopf trat seine Stelle als Pfarrer in Völkershausen am 29.4.1688 an. Während seiner Amtsverwaltung wurde 1717 mit dem schon lange vorgesehenen Bau einer neuen Kirche begonnen. Pfarrer Hopf erlebte die Fertigstellung nicht, er starb am 10.2.1719 im Alter von 68 Jahren.

Die alte Kirche hatte nach der alten Dorfkarte von 1709 fast genau die gleiche Lage wie die uns noch bekannte St. Annen Kirche.

Sie kostet nach den Baurechnungen 2374 Gulden. Dieser Betrag wurde gedeckt durch 150 Gulden Geschenk von dem Landesherrn, 595 Gulden freiwillige Beiträge aus der Gemeinde, 700 Gulden aus der Kirchenkasse, 225 Gulden Kollektengelder von den lutherischen Gemeinden Hessens, 201 Gulden durch Kollektengelder von auswärts, 109 Gulden aus den Materialien der alten Kirche, zusammen 1980 Gulden. Es fehlten also noch 394 Gulden, welche zum Teil aus Zinsengewinn, der Rest durch die Gemeinde gedeckt werden musste. Wozu auch noch die Kosten einer Orgel, Schieferbedeckung des Turmes und anderes kamen, um die Kirche notdürftig, wie sie damals noch zu sehen war, herzustellen. Erscheint die Ausgabe nach den späteren Preisen als eine sehr geringe, so darf man nicht vergessen - die stets sich verringernden Geldzeichen in ihrem Werte – und für Ausgaben an Bauholz und Steine sonst sich nirgends ein Ansatz findet, auch alle Fuhr- und Handdienste unentgeltlich und gegen eine geringe Frongebühr von den Einwohnern verrichtet werden mussten.

1720 konnte Baumeister Thomas Knorr die Kirche ihrer Bestimmung übergeben. Die Kirche war der Heiligen Anna, der Schutzpatronin der Bergleute, geweiht.

Das durch Größe und Höhe stattliche Gebäude hat einen außergewöhnlich hohen Turm, unten viereckig, oben achteckig und von einer Schweifkuppel und einer Laterne bekrönt. Der Turm steht an der Westseite der Kirche. Fast den einzigen ornamentalen Schmuck des Äußeren bildet das schöne Portal an der Westseite des Turmes. Die bogenförmige Verdachung des Portals ist in der Weise des Barockstils in der Mitte unterbrochen, an dieser Stelle ist ein Obelisk aufgestellt. Die hohen spitzbogigen Fenster sind in der Mitte durch einen steinernen Pfosten geteilt, der oben, in der Höhe des Kämpfers, gegabelt ist.

In der Kirche befindet sich über dem Eingang zur inneren Kirche ein altes Bildwerk aus Holz, das die Worte des II. Artikels „erhöht zur Rechten des Vaters“ verkörpert. Es Das Innere. Das oben erwähnte Portal führt in eine Vorhalle, die im Innern des Turmes liegt. Über der Tür, welche von hier zum Hauptraum führt, steht die Jahreszahl 1717. Der Hauptraum hat die Form eines länglichen Rechtecks. Der Raum für den Altar ist nur durch eine Erhöhung von zwei Stufen abgegrenzt, an der Ostseite sind die beiden Ecken des Altarraums abgeschrägt. Die Wände des Hauptraumes sind an drei Seiten mit sehr schlichten, zweigeschossigen Emporen aus Holz bedeckt; die runden Säulen sind nicht geschwellt, die Säulen der unteren Empore stehen auf steinernen Postamenten; die Brüstungen sind schmucklos, ebenso wie die horizontale Bretterdecke des Hauptraumes. Die Kanzel steht in der Mittelachse der Kirche hinter dem Altar. Sie ist in der für die evangelischen Kirchen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts typischen Art an einer Säulenwand mit verkröpftem Gebälk angebracht und balkonartig vorgekragt.

Taufstein von der Form eines runden Pfeilers, der mit guten Beschlagmustern verziert ist. Auf dem Taufstein steht die Jahreszahl 1630. Die Form deutet auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Möglicher Weise stammt der Taufstein aus der alten Kirche.

Mit Sicherheit sind viele Elemente der alten Kirche mit in den Neubau eingegangen.

Als Pfarrer folgte 1719 – 1733 Joh. Raßmann, danach 1733 – 1778 Pfarrer Becker. In die Amtszeit von Joh. Georg Valentin Büff, 1778 – 1810, fällt der Neubau des Pfarrhauses. Nach seinem Tod trat 1811 Sohn Georg Franz das Amt als Pfarrer in Völkershausen an.

59 Jahre lang versah er gewissenhaft, schon zu Lebzeiten eine Legende, seinen Dienst. Ihm verdanken wir wertvolle Aufzeichnungen über die Geschichte des Kirchspiels.

Die Orgel wurde 1861 von der Ostheimer Firma Markert erbaut, welche auf zwei Manualen und Pedal 17 klingende Register hatte und kostete damals 974 Taler.

Im September und Oktober 1861 wird unsere Gegend von einer starken Mäuseplage heimgesucht, nachdem die Plage im Sommer schon in der Maingegend aufgetreten war. Selbst in der Kirche zerfraßen die Mäuse Holz und das Tuch am Taufstein.

In der Kirche wird eine Gedenktafel für die Gefallenen und gedienten des Krieges 1870/71 aufgestellt.

Für die Opfer des I. Weltkrieges werden 2 Gedenktafel in der Kirche errichtet, welche noch heute in der Michaeliskirche vorhanden sind.

Die Kirche ist 1877 ausgebessert worden.

Auf Grund von Metallabgaben im I. Weltkrieg, wurde der Ausbau der Pfeifen unserer Kirchenorgel am 10. Mai 1917 durch den damit beauftragt gewesenen Orgelbaumeister Otto Markert aus Ostheim ausgeführt. Es sind im Ganzen 47 Pfeifen ausgebaut worden, die zusammen 95 kg gewogen haben. Die Pfeifen sind in der Pfarrei in Gegenwart des Herrn Markert und Herrn Lehrers Reichardt von Pfarrer Kohlschmidt verwogen worden und stehen zum gelegentlichen Abtransport nach Vacha bereit. Herr Markert hat eine Skizze der Orgel aufgenommen. Herr Lehrer Reichardt über den Gebrauch der noch klingenden Register und ihre Zusammenstellung informiert auch sachgemäß ausgeführt, was zur Erhaltung der Orgel zweckdienlich ist.

1948 Errichtung der Leichenhalle neben der Kirche.

Am Pfingstmontag 1952 wurden die beiden neuangefertigten schlichten Gedächtnistafeln für die im II. Weltkriege gefallenen und vermissten Gemeindeglieder (120 Namen) in der Kirche der Gemeinde übergeben.

Das sehr schadhafte Turmdach der Kirche wurde 1956 neu geschiefert, die Schalung zu etwa einem Drittel erneuert. Außerdem wurde das Kircheninnere größtenteils neu mit Ölfarbe in hellen Tönen gestrichen: Kirchenhimmel, Emporen, Gestühl im Schiff und sämtliche Türen. Ausgeführt wurden die Innenmalereien von Adam Gehb aus Hutha.

Für die Glocken der Kirche wird 1960 ein elektrisches Läutewerk angeschafft.

Am 13. März 1989 um 14.02 Uhr ereignete sich eine Tragödie, als die Erde bebte und viele Häuser erschütterte. Die Ursache war ein Gebirgsschlag, der das Leben der Menschen sehr veränderte. Die Kirchturmuhr blieb genau zu dieser Zeit stehen und am Kirchturm waren Zerstörungen sehr deutlich zu sehen. Große Steine lagen im Umkreis von mehreren Metern verstreut. Die Haube saß irgendwie verdreht auf dem Turm. Risse waren an allen drei Seiten zu sehen, die bis in die Fundamente hineinreichten. Da man nach dem Gebirgsschlag befürchtete, dass die Turmhaube herabstürzen könnte, wurde per Hubschrauber ein Stahlseil an ihr angebracht. Ein K 700-Traktor zog sie herunter. Dadurch fiel eine Wand des Turmes durch das Dach der Kirche und zertrümmerte die 128 Jahre alte Orgel. (Man hätte sie aus Grund der Einsturzgefahr dieser Wand auch nicht ausbauen können. Es bestand Lebensgefahr).

Anschließend wurden die 1921 gegossenen 3 Glocken geborgen.

Die Männer der Freiwilligen Feuerwehr Völkershausen halfen in den darauf folgenden Wochen beim Bergen der alten Altarplatte, des Taufsteines, der Grabsteine und einigem mehr, bis hin zu den alten Glockenmotoren, die noch bis Oktober 1989 ihren Dienst taten.

Am Abend des 28. Juni 1989 fand ein Aussegnungsgottesdienst für die St. Annen Kirche statt. Am folgenden Nachmittag um 14.20 Uhr sollte der Turm gesprengt werden. Das Gebiet um den Kirchplatz war weiträumig abgesperrt worden.

Dann war es soweit. Das Warnsignal ertönte, und Sekunden später hörte man die dumpfe Explosion. Der untere Teil sah aus, als wenn er sich kurz aufblähte, dann stürzte er in sich zusammen. Mit einer riesigen Wolke aus jahrhundertealtem Staub, die über das Dorf zog, verabschiedete sich die St. Annen Kirche. Die Sprengung war gut geplant und verlaufen; keines der benachbarten Häuser war beschädigt.

In einer dramatischen Aktion per Hubschrauber konnten die Glocken gerettet werden. Zunächst gab ein Lautsprecherwagen der Nationalen Volksarmee die Gottesdienste bekannt, bis ein provisorischer Glockenstuhl neben der Kirchenruine gebaut war.

Das der Heiligen Anna als Schutzpatronin der Bergleute geweihte Bauwerk, dem leichtere künstliche Beben dieser Art in den Jahrzehnten zuvor bereits sichtbare Risse zugefügt hatten, wurde über Monate hinweg zum ideologischen Zankapfel. Zunächst ging es im Tauziehen zwischen DDR-Staatsspitze und Thüringer Kirchenleitung darum, das spätgotische Bauwerk vollständig abzureißen oder wenigstens teilweise zu retten. Sprengtrupps, die bereits die Löcher gebohrt hatten, zogen wieder unverrichteter Dinge ab, um schließlich Wochen später die „tödliche“ Ladung doch zu zünden. Es war ein ergreifender, auch demütigender Moment für die Dorfbevölkerung, als das stolze Wahrzeichen der Gemeinde zu einem Trümmerberg zusammensank. Jung und Alt versammelte sich schweigend um den Schutthaufen des niedergestreckten Kirchturms.

Ehrfürchtige Blicke richteten sich in das aufgerissene Schiff des ruinierten Sakralbaus, das in der Folgezeit Stück für Stück abgetragen wurde. Schweres Baugerät durchwühlte die Ruinenlandschaft, teilweise auch umliegende Grabreihen des angrenzenden Friedhofs.

Der Anblick, den der Friedhof nach dem Abriss der Kirche bot, war äußerst trostlos.

Zehn Grabsteine lagen auf dem Fußboden an der Südwand:

1) Ein v. Völkershausen, geb. 1625, gest. 1668, mit Wappen.

2) Grabstein mit zahlreichen Wappenschilden, die nicht mehr erkennbar sind.

3) Grabstein mit verschiedenen Wappen, unter anderen v. Buttlar.

4) Ein Frau, geb. Schwärtzelin. Anno 16... Unter den Wappen befindet sich das v. Boyneburg und Schwärtzelin.

5) Inschrift nicht zu Erkennen.

6) Anno 1582 den … (ehrenv)esten Kersten von Völkershausen so im Herrn entschlafen. Mit dem Wappen der v. Völkershausen.

7) Ein v. Völkershausen anno 160..

8) Anno domini 1576 den 18. Martii ist die edle und (tugendhafte?) Dorothea Völkershausen geb. von Liderbach in Christo seliglich entschlafen. Got verleih ihren .....

9) Von der Inschrift ist nur zu lesen: in Christo.

10) Anno domini 1577 den 14.Februarii ist des edlen und erenvesten Ker(sten v. Völkershausen) Söhnlein Hans Wilhelm seines Alters 35 Wochen selig in Got verschieden.

Sechs Grabsteine lagen am Fußboden an der Nordwand:

1) (Anno) MDIX die XXV mensis Januarii nobilis . . . . Völkershausen (geborene?) disccsit.

2) Um 1650 …nberg auf Hörn…(sehr zerstört).

3) Anno 1681. Sehr zerstört.

4) Völkershausen, geb. 1665.

5) …itirter gewesener hochfürstl. Dusseldorffscher Leutnandt zu pfert ist geboren anno 1669 d. 25. Apr. und gestorben …

6) Grabstein mit Ehewappen und vier Wappen an den Ecken. Name verwischt. … mir alle die ihr mühselig und beladen seid ich will euch erquicken.

Auf dem Fußboden vor dem Altarraum lag ein Grabstein mit dem hennebergischen Wappen, das übrige ist nicht mehr zu erkennen.

Zahlreiche verwitterte Grabsteine (einer von 1623 mit zehn in Relief dargestellten Kindern) sind außen an der Kirche und an der Kirchhofsmauer aufgestellt.

Glockengeschichte

Am 18. August 1620 bestellen die Herren von und zu Völkershausen bei Glockengießer Jakob König – Erfurt 2 Glocken. Am 24. Oktober 1620 sind die zwei größten Glocken von Jacob König zu Erfurt gegossen, aufgehangen, der Glockenstuhl von Hansen Weber, Baumeister von Hersfeld, hergestellt und von Heintz Flöling zu Creutzberg und Georg Heyderick zu Völkershausen der Glockenbeschlag gemacht worden, die größte wog 6 Zentner und 12 Pfund, die andere 3 Zentner und 36 Pfund. Das Geld ist von gesammelter Kirchenbuße genommen, wie dieselbe vor dessen bei seinen Lebenszeiten der wohl edle, gestrenge und feste Christian von und zu Völkershausen als deren damals regierender Obrigkeit geliebter Vater dazu verordnet und anzuwenden befohlen wurde.

Aufschrift der größten Glocke von 1620:

WILHELM FRIEDR. ADO. WILHELM UND GEORG HERB. GEBRÜDERE VON UND ZU VOELKERSHAUSEN ANNO 1620 VON JACOB KOENIG ZU ERFURTH GEGOSHEN.

Laut Angaben aus der Kirchenchronik von 1687 befinden sich auf dem Turm 4 Glocken. Die 2 größten sind anno 1620 zu Erfurt gegossen worden. Eine ist zersprungen und unbrauchbar, die 4. ist das Taufglöckchen.

Am 6. Januar 1788 ist während dem Gebetläuten in der Frühkirche die kleinste Glocke gesprungen, die 1703 umgossen hätte werden müssen. Sie sollte anfänglich so vergrößert werden, dass sie die größte würde.

Die neue Glocke ist am 31. Juli 1789 aufgehängt, sie wog 168 Pfund und Glockenmeister Christoph Peter von Homberg mit 4 Taler 5 Albus 8 Hlr völlig ausbezahlt worden. Transportkosten und Schmiedearbeit sind besonders berechnet. Seine Hochfürstliche Durchlaucht Prinz Carl zu Hessen-Kassel hatte 50 Taler zur Vergrößerung der Glocke verwilligt, welche aber zur Vergrößerung des Schulhauses verwendet worden sind.

Am 20. September 1910, als zu einer Beerdigung geläutet wurde, erhielt die mittlere Kirchenglocke einen derartigen Sprung, dass sie unbrauchbar wurde. Eine Prüfung der beiden anderen Glocken durch einen Sachverständigen ergab, dass auch sie durch jahrhundertelangen Gebrauch stark abgenutzt seien und dass auch sie kurz oder lang das Schicksal ihrer Kollegin erleiden würden. Unter diesem Gesichtspunkte hat der Kirchengemeindevorstand sich nicht nur zur Erneuerung der mittleren Glocke, sondern gleich zur Beschaffung eines ganz neuen Geläutes entschlossen, mit dessen Herstellung die Glockengießerei Heinrich Ulrich in Apolda beauftragt wurde. Hand in Hand mit der Umänderung des Geläutes geht auch die Umänderung des Glockenstuhls. Dieser wird nach neuerem System derartig in den Turm eingebaut, dass ein Mann alle drei Glocken bequem läuten kann. Das alte Geläut war auf C-Dur abgestimmt, das neue wird den Ton in Es erhalten. Das Gewicht des alten Geläutes betrug etwa 550 Kilogramm, die neuen Glocken werden etwa 900 Kilogramm wiegen. Das alte Geläut ist zum Metallwert in Zahlung genommen; das neue kostet etwa 1800 Mark.

Durch Herrn Glockengießermeister Heinrich Ulrich in Apolda, Inhaber der Firma Gebrüder Ulrich in Apolda, ist der hiesigen Gemeinde ein neues Geläute in Es-Dur, drei Glocken von einem Gesamtmetallgewicht von 913 kg geliefert worden, welches sich als ein Meisterwerk moderner Glockengießkunst erstellt. Nicht nur, dass es sich äußerlich im Schmucke seiner Verzierungen und der auf den einzelnen Glocken angebrachten Schriftsätze als wohl gelungen zeigt, auch der Ton der Glocken ist im Einzelnen geschlagen und im Zusammenschlagen völlig rein und von großer Klangschönheit. Die Wirkung des neuen Geläutes ist eine erhabene und hat den ungeteilten Beifall aller derer gefunden, die bisher es zu hören Gelegenheit hatten.

Den beiden Monteuren der Firma Gebrüder Ulrich, Inhaber Heinrich Ulrich in Apolda, Herrn Karl Schmidt und Hugo Büchner, bezeugt man am 12. Februar 1911 hiermit vorschriftsgemäß, dass sie fleißig und sachgemäß ihre Aufgabe, das Herbringen und vor allem und das Hochbringen der neuen Glocken, ausgeführt haben.

Die 3 Bronzeglocken aus dem Jahre 1910     

Sie tragen die Inschriften:

große Glocke:

       

        EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE

       

        IM KIRCHGEMEINDEVORSTANDE FÜR VÖLKERSHAUSEN WAREN 1910

        RICHARD KOHLSCHMIDT PFARRER ZU VÖLKERSHAUSEN

        ANDREAS A. ENDERS BÜRGERMEISTER ZU VÖLKERSHAUSEN

        HEINRICH ULRICH GOSS MICH ZU APOLDA 1910

mittlere Glocke:

       

        FRIEDE AUF ERDEN    

        IM KIRCHGEMEINDEVORSTANDE FÜR VÖLKERSHAUSEN WAREN 1910

        HEINRICH H. BACHMANN BÜRGERMEISTER ZU MARTINRODA

        KONRAD K. BEIN BÜRGERMEISTER ZU WILLMANNS

        HEINRICH ULRICH GOSS MICH ZU APOLDA 1910

kleine Glocke:  

       

        DEN MENSCHEN EIN WOHLGEFALLEN

        IM KIRCHGEMEINDEVORSTANDE FÜR VÖLKERSHAUSEN WAREN 1910

        KASPAR WIEGAND BÜRGERMEISTER ZU WÖLFERBÜTT

        FRIEDRICH REICHARDT LEHRER UND KANTOR ZU         VÖLKERSHAUSEN

        HEINRICH ULRICH GOSS MICH ZU APOLDA 1910

Der Kirchgemeindevorstand hat in seiner Sitzung am 6. Mai 1917 beschlossen, Herrn Glockengießermeister Heinrich Ulrich in Apolda, als den Gießer des Geläutes zu beauftragen und zu bitten, den Ausbau unserer beschlagnahmten Kirchenglocken (die zwei größten von den dreien) auszuführen.

Indes ist uns vorläufig die dritte, kleinste Glocke im Gewichte von 144 kg zum Gebrauche belassen worden; doch ist diese Glocke am 10. Juli 1917 nur völlig ungenügender Notbehelf und wir müssen sobald es irgend möglich, an anderweitigen Ersatz der beschlagnahmten Glocken denken.

Besprechung eines Vorschlages am 4. Mai 1919 des Glockengießers Heinrich Ulrich in Apolda auf Lieferung von Gussstahlglocken.

Der Kostenvoranschlag für Bronzeglocken betrug 39.000 Mark im Jahr 1921.

Am 21. April 1921 Anlieferung der 3 Glocken mit Zubehör und der 3 Klöppel von der Firma Ulrich & Weule Apolda, Zweigbetrieb Bockenem-Harz.

In der Zeit vom 27. April – 3. Mai 1921 wurde von R. Eichenauer – der Firma G. Konrad Eichenauer - Baugeschäft und Sägewerk Völkershausen (Rhön) - das notwendige Holz geliefert, der Glockenstuhl eingebaut und die Glocken eingebracht zum Preis von 3.095,40 Mark.

Die Glocken sind ohne jeglichen Unfall hochgebracht und am Himmelfahrtsfeste, am 5. Mai 1921, zum ersten Mal zu aller Zufriedenheit geläutet worden.

Die 3 Gussstahlglocken kosteten an sich 11.494 Mark, die dazu gehörigen Armaturen 2.100 Mark, Stellung des Monteurs 450 Mark, Umsatzsteuer 140 Mark, Wiegegebühr 4,95 Mark zusammen 14.188,95 Mark, dazu kommen noch Transportkosten von Apolda bis Vacha und weiter bis hierher, Aufstellung des teilweise erneuerten Glockenstuhls, An- und Abtransport der Hebezeuge, Stellung der benötigten Mannschaften beim Hochbringen 5.000 – 5.500 Mark, sodass eine aufzubringende Summe von etwa 20.000 Mark vorhanden war, dagegen wurde durch den Verkauf der kleinen Glocke an die Gemeinde Dietlas gelöst: 4.000 Mark.

Die große Glocke wog 866 kg, die mittlere 478 kg und die kleine 298 kg.

Die drei Gussstahlglocken wurden am 15. März 1989 mit Hilfe eines mutigen Handwerkers und eines Hubschraubers, der INTERFLUG, aus dem Turm geborgen und warten in einem provisorischen, holzgezimmerten Glockenträger auf ihre neue Glockenstube. Sie stammen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, haben am Hals und über dem Schlagring je zwei Zierreifen und verraten neben dem Herstellungsjahr lediglich die Herstellerfirma:

ULRICH U. WEULE APOLDA BOCKENEM 1921.

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